Neues Geschäftsmodell EaaS
Serviceorientierte Geschäftsmodelle sind die Zukunft im Maschinenbau. Warum die Umstellung alternativlos ist – und wie Equipment as a Service gelingt.
Serviceorientierte Geschäftsmodelle sind die Zukunft im Maschinenbau. Warum die Umstellung alternativlos ist – und wie Equipment as a Service gelingt.
Maschinen verkaufen und technische Services dazu anbieten: Mit diesem Geschäftsmodell waren Anlagen- und Maschinenbauer viele Jahre erfolgreich. Künftig reicht das nicht mehr aus. Um auf einem globalisierten Markt wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen sich Hersteller zum Service-Provider und Lösungsanbieter weiterentwickeln. Equipment as a Service (Eaas) heißt das große Ziel, an dem sich die Branche ausrichtet. Laut einer Studie stimmen mehr als 75 Prozent der Unternehmen den Kern-Vorteilen von EaaS-Geschäftsmodellen zu. Wie funktioniert das neue Geschäftsmodell und was brauchen Unternehmen, um es umzusetzen? Mittelstand Heute beantwortet die wichtigsten Fragen.
Bei Equipment as a Service (EaaS) kauft der Kunde die Produktionsmaschine nicht mehr, sondern bezieht sie im Subscription-Modell. Dafür geht er einen Vertrag mit dem Hersteller ein und zahlt eine regelmäßige Gebühr. Abgerechnet wird zum Beispiel nach Nutzung (Pay per Use) oder nach Ergebnis (Pay per Outcome). Der Hersteller garantiert die Verfügbarkeit der Maschinen und übernimmt das Betriebsrisiko. Vom Konzept her ähnelt EaaS dem aus der Cloud bekannten SaaS-Modell (Software as a Service).
Schon seit einigen Jahren spüren Anlagen- und Maschinenbauer, dass das klassische Vertriebsgeschäft immer schwieriger wird. Die Absatzzahlen stagnieren. Mit ihren Produkten alleine können sich die Hersteller kaum noch gegen Wettbewerber aus Billiglohnländern behaupten, die günstiger produzieren und die Preise drücken. Unternehmen müssen also andere Wege finden, um Kunden zu gewinnen und an sich zu binden. Am besten gelingt das, indem sie überzeugende Mehrwerte schaffen – Lösungen, die für die Kunden so attraktiv sind, dass sie dafür gerne auch etwas mehr Geld bezahlen.
Equipment as a Service ist ein solches Angebot, denn damit verlagern Anwender sowohl das Investitions- als auch das Betriebsrisiko auf den Hersteller. Sie haben keine hohen Anschaffungskosten mehr und müssen sich auch nicht selbst um die Verfügbarkeit der Maschinen und Anlagen kümmern. Im EaaS-Modell verwandeln Kunden CapEx in OpEx und erhalten ein Rundum-Sorglos-Paket aus Maschinen, technischen und digitalen Services. Aber auch für Anbieter lohnt sich das neue Geschäftsmodell.
CapEx (Capital Expenditures, Investitionskosten) und OpEx (Operating Expenses, Betriebsausgaben) sind zwei verschiedene Arten von Geschäftsausgaben:
Während sich CapEx auf Investitionen in langfristige Vermögenswerte wie Gebäude, Land, Maschinen oder Ausrüstung bezieht, meint OpEx die allgemeinen Betriebsausgaben, die mit dem täglichen Betrieb des Unternehmens verbunden sind (zum Beispiel: Mieten, Gehälter, Versorgungsleistungen, Marketing und Vertrieb oder Büromaterial).
Folgende fünf Vorteile bringt Equipment as a Service (EaaS) für Anbieter:
Unternehmen stehen jetzt vor der Frage, wie sie Equipment as a Service so umsetzen können, dass sich das Modell finanziell rechnet. Dies gelingt nur, indem sie ihre Prozesse maximal effizient gestalten. Digitalisierung und Automatisierung sind daher Pflicht. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in durchgängigen, hoch automatisieren Ende-zu-Ende-Prozessen, die das ERP mit den beim Kunden eingesetzten Produktionsmaschinen verbinden. Folgende Bausteine sind auf technischer Seite erforderlich:
Equipment as a Service kann nur dann wirtschaftlich realisiert werden, wenn die Verfügbarkeit der Maschinen auf maximal effiziente und weitgehend automatisierte Weise hochgehalten wird, sprich: die Instandhaltung und Wartung maximal optimiert werden. Das kann praktisch nur mit einem Predictive Maintenance Szenario funktionieren. Indem Hersteller Maschinendaten sammeln und auswerten, erkennen sie frühzeitig, wann eine Komponente ausgetauscht werden muss. So können sie Wartungsarbeiten vorausschauend planen, Service-Techniker optimal aussteuern und unnötige Vor-Ort-Einsätze vermeiden.
Nicht zuletzt trägt das dazu bei, den Fachkräftemangel besser zu bewältigen. Außerdem können Hersteller datenbasiert die Lagerhaltung anpassen und Lagerkosten sparen. Predictive Maintenance erfordert nicht unbedingt KI und Machine Learning. Einfache Use Cases, etwa der prognostizierte Verbrauch eines Schmieröls oder die lineare Abnutzung einer Kurbel, lassen sich bereits mit geringem Aufwand umsetzen und in Ende-zu-Ende-Szenarien integrieren.
Ein smartes Kunden- und Service-Portal bildet das Bindeglied zwischen IoT und ERP. Hier fließen sowohl Daten aus dem Maschinenpark des Kunden als auch aus den Business-Systemen des Herstellers ein. Das ermöglicht eine durchgängige Prozessdigitalisierung ohne Medienbrüche.
Außerdem dient das Kunden- und Serviceportal als zentrale Plattform für die komplette Kommunikation und Interaktion mit dem Kunden. Es bietet unter anderem Zugriff auf den Webshop, Maschinendokumentation und das Ticketing. Indem Hersteller möglichst viele Funktionen im Self-Service bereitstellen und Chatbots integrieren, entlasten sie ihre Mitarbeitenden, beschleunigen Prozesse und verbessern die Customer Experience.
Die Verbindung aus IoT, Kundenportal und ERP ermöglicht es zum Beispiel, die Ersatzteilbestellung direkt aus dem Maschinenpark zu triggern und vollständig zu automatisieren. Und das funktioniert so: Ein Maschinenbauer sammelt IoT-Daten der Bohrfräsmaschinen, die er bei seinem Kunden im Einsatz hat. Die Informationen fließen in einen digitalen Zwilling ein, der den Maschinenpark des Kunden im smarten Kundenportal visualisiert. Anhand der Daten berechnet ein Analytics-Modell den Verschleiß des Fräskopfs und löst automatisiert den Prozess zur Ersatzteilbestellung aus. Außerdem wird der Service-Techniker informiert. Über das Serviceportal erhält der Kunde Terminvorschläge für den Wartungseinsatz.
EaaS bei der Heidelberger Druckmaschinen AG:
Die Heidelberger Druckmaschinen AG zählt zu den Vorreitern im EaaS-Bereich und hat bereits ein Subscription-Modell am Markt etabliert. Kunden können die Druckmaschinen als Service beziehen, inklusive Verbrauchsmaterialien, Beratungsleistung, Software/IoT und Wartung. Sie zahlen eine monatliche Rate für ein vereinbartes Basis-Druckvolumen und einen Festpreis pro Bogen, den sie zusätzlich drucken.
Laserschneiden-as-a-Service bei Trumpf:
Auch das Hochtechnologieunternehmen Trumpf bietet schon EaaS an: Es stellt seinen Kunden einen Laservollautomaten inklusive Materiallager als Service zur Verfügung. Über das Remote Control Center übernimmt der Hersteller aus der Ferne die Steuerung, Programmierung und Wartung der Maschine. Abgerechnet wird im Pay-per-Part-Modell, das heißt Kunden zahlen nur für die tatsächlich gefertigten Bauteile. Anhand der Daten, die Trumpf über das neue Geschäftsmodell gewinnt, kann der Hersteller seine Maschinen und Software noch gezielter verbessern.
Die Entwicklung hin zu EaaS lässt sich nicht über Nacht vollziehen. Maschinenbauer sollten deshalb nicht länger warten, sondern mit ihrer Transformation beginnen. Viele Unternehmen haben bereits einzelne Bausteine umgesetzt, die es jetzt zu einem Ende-zu-Ende-Prozess zu verbinden gilt. Auf technischer Seite empfiehlt sich dafür ein Best-of-Suite-Ansatz auf Basis von SAP, der Komplexität reduziert und möglichst viele Funktionen unter einer Plattform vereint. Mit erfahrenen Business-IT-Spezialisten wie der All for One Group an der Seite gelingt es am besten, einen Business Case zu identifizieren und schnell erste Erfolge zu erzielen.
Quelle Aufmacherbild: KI-Bild erstellt mit DALL-E von Open AI