Schon bald Realität?
Welche Potenziale das Metaverse für Unternehmen birgt, haben aktuelle Studien untersucht: Customer Experience, Arbeit – einige Ergebnisse.
Welche Potenziale das Metaverse für Unternehmen birgt, haben aktuelle Studien untersucht: Customer Experience, Arbeit – einige Ergebnisse.
Wer profitiert wie vom Metaverse? Als Netzwerk virtueller Welten, in dem Menschen über ihre Avatare spielen, einkaufen, Kontakte knüpfen, lernen und arbeiten können, ist das Metaverse für viele Unternehmen noch vage. Und dennoch: Der Glaube an die Potenziale ist da, wie aktuelle Studien jetzt zeigen. Wie Unternehmen profitieren, wo die Befragten die größten Chancen sehen und welche Hürden es noch zu überwinden gilt, zeigt Mittelstand Heute.
Der Begriff Metaverse – oder Metaversum – taucht zum ersten Mal 1992 in dem Science-Fiction-Roman Snow Crash von Neal Stephenson auf. Im Roman interagieren Menschen als programmierbare Avatare und Software-Agenten in einem dreidimensionalen virtuellen Raum miteinander.
Das Metaversum im engeren Sinne ist jedoch keine Parallelwelt – vielmehr vermischen sich virtuelle Welt (Virtual Reality), erweiterte Realität (Augmented Reality), Cyberspace und die echte physische Welt in einem gemeinsamen digitalen Raum ohne innere Grenzen. Die Macher des Videospiels Fortnite, Epic Games, um Firmenchef Tim Sweeney und Meta-Chef Mark Zuckerberg sind längst von dieser Idee fasziniert, sammeln und investieren Milliarden. Und auch die ganz großen Software Player wie Microsoft, IBM und SAP beraten zu Technologien und verweisen auf die Vorteile.
Risikokapitalist Michael Ball formulierte bereits 2020 7 Kern-Eigenschaften für das Metaverse:
Das Metaverse kann niemals beendet oder pausiert werden. Es läuft immer weiter.
Es ist live. Das Metaverse als Ganzes findet in Echtzeit statt.
Es gibt keine Obergrenze für die Anzahl der Teilnehmenden.
Das Metaverse hat seine eigene Wirtschaft. Firmen und Individuen können investieren, kaufen, verkaufen und für Arbeit innerhalb des Metaverse bezahlt werden.
Das Metaverse umfasst die digitale Welt genauso wie die physische – mit offenen und geschlossenen Plattformen.
Digitale Objekte sind innerhalb des Metaverse austauschbar.
Das Metaverse ist voll von Inhalten und Erfahrungen, die von Individuen, privaten Gruppen oder Unternehmen erstellt werden.
Neben Meta, Google, Apple und Co. sind längst weitere Softwareriesen ins Metaverse-Geschäft eingestiegen. Die einen sehen im Metaversum die direkte Fortsetzung des Internets, die anderen die Potenziale einer völlig neuen Customer Journey.
Microsoft zum Beispiel sieht im Metaversum eine Verschmelzung der digitalen und der physischen Welt in einer völlig neuen Plattform, dem Metaverse. "Wir bringen Menschen, Orte und Dinge mit der digitalen Welt zusammen, sowohl im Bereich der Nutzerinnen und Nutzer als auch in den Unternehmen", erklärt Satya Nadella, CEO bei Microsoft. Eine zentrale Rolle sollen dabei Cloud- und KI-Technologien spielen. Der digitale Zwilling in der Produktion, die Instandhaltung aus der Ferne oder das hybride Arbeiten sind bereits heute gelebte Anwendungen. Die Kombination solcher Technologien in einem Industrial Metaverse kann nach Ansicht von Microsoft dazu beitragen, Produktionsprozesse in der Industrie agiler und letztlich auch resilienter zu gestalten.
IBM hebt auf seiner Webseite die Rolle der Daten für das Metaverse hervor und verweist hierbei auf die Bedeutung eines funktionierenden Digital Asset Managements (DAM). Ein digitaler Zwilling eines Autos beispielsweise könne "nur Spaß machen, wenn er mit Live-Daten gefüttert" werde: Zum Beispiel für einen virtuellen Fahrzeugkonfigurator, sei es für den heimischen Desktop oder im Ausstellungsraum, wo Kunden mit Hilfe von VR-Brillen im selbst konfigurierten Auto Probe sitzen dürfen.
Und auch SAP bietet Know-how zu Metaverse-Technologien – zum Beispiel zu Distributed Ledger (Stichwort: Blockchain), Cloud- und E-Commerce-Themen sowie immersiven Technologien, wie Augmented Reality (AR), Virtual Reality und Mixed Reality. Laut Yurdanur Yesilirmak, Head of Presales Germany, Customer Experience bei SAP, werden Metaverse-Technologien weiter an Bedeutung gewinnen – und das früher, als manch einer vermuten mag: "E-Commerce beschränkt sich nicht nur auf die Eröffnung und das Betreiben eines B2B- oder B2C-Shops im Internet. Wenn ich als Unternehmen online erfolgreich sein will, muss ich alle bestehenden Möglichkeiten verknüpfen, um ein erfolgreiches Geschäftsmodell aufzubauen. Dazu gehört auch das Metaverse. Es ist ein neuer Kanal, der in den nächsten zwei bis drei Jahren stark an Wachstum gewinnen wird.“
Was ist das Metaverse? Microsoft erklärt. Quelle: Microsoft/YouTube
Das sehen auch die Analysten von Gartner so: 25 Prozent der Menschen werden bis zum Jahr 2026 mindestens eine Stunde pro Tag im Metaverse unterwegs sein, so die These – um alltägliche Dinge zu erledigen, wie arbeiten, Kontakte knüpfen oder einkaufen.
Dazu passt auch eine Studie des Capgemini Research Institute, für die Mitte 2022 8.000 Verbraucherinnen und Verbraucher sowie 1.000 Unternehmen in 12 Ländern befragt wurden, welches Potenzial sie im Metaverse sehen. Das Ergebnis: Laut der Studie sind sieben von zehn Unternehmen der Meinung, dass Immersive Experiences und das Metaverse künftig wichtige Anwendungen sein werden, um sich hinsichtlich der Customer Journey von der Konkurrenz abzusetzen.
4 Prozent der befragten Verbraucher würden sich als “Metaverse-erfahren" bezeichnen. Das sind 380 Befragte. Aus dieser kleinen Gruppe gaben immerhin 75 Prozent an, dass sie bereits Metaverse-Technologien nutzen und diese auch weiterhin nutzen würden. Zu den Marken, mit denen Verbraucher am liebsten im Metaverse interagieren würden, zählen vor allem Unternehmen des Einzelhandels (78 Prozent) sowie Konsumgüterunternehmen (77 Prozent).
Für die unternehmensinterne Arbeit nutzen befragte Unternehmen Metaverse-Technologien nach eigener Aussage bereits in folgenden Bereichen:
Sargon Korkis, Leiter des Bereichs Digital Experience Services bei Capgemini in Deutschland, glaubt, dass immer mehr Unternehmen verstehen, dass ein Mehr an virtuellen Möglichkeiten auch ein Mehr an Verantwortung bedeutet: „Wir sehen allmählich eine differenziertere Herangehensweise von Unternehmen an die Gestaltung immersiver Erlebnisse und speziell des Metaverse. Das anfängliche Interesse am Metaverse wurde durch die Investitionen der großen Tech-Player vorangetrieben. Die tatsächlichen Herausforderungen unter anderem in Bezug auf Zugänglichkeit, Sicherheit, Interoperabilität und Datenschutz wurden dabei noch nicht ausreichend berücksichtigt."
Das Marktforschungs-Unternehmen PWC nennt ein Beispiel: So würden im Metaversum nicht nur die Avatare der Menschen zu digitalen Zwillingen, sondern auch die Kundenprofile in den Systemen der Marketingabteilungen. Dies sei unvermeidlich, wenn immer mehr Verbraucher im Metaverse mit den virtuellen Angeboten der Unternehmen interagieren.
Um Datenmissbrauch zu verhindern, sollten Unternehmen die Cybersicherheit der digitalen Repräsentanzen von Beginn an mitdenken, empfiehlt Dr. Silvia Knittl, Director Enterprise Security Architecture bei PWC Deutschland: "Sofern die hochgradige Personalisierung von Kundenerlebnissen im Metaverse unter Berücksichtigung der geltenden Datenschutzbedingungen erfolgt, profitieren grundsätzlich beide Seiten. Unternehmen stehen so aber bei der Entwicklung in der Pflicht, belastbare Sicherheitsmaßnahmen zu treffen. Ich empfehle daher, Informationssicherheit im gesamten Entwicklungsprozess von Beginn an zu integrieren.“
Quelle Aufmacherbild: Konstantin Yuganov/stock.adobe.com